Laut einer Untersuchung der GfK aus dem Jahr 2014 denken rund drei Viertel der Männer und Frauen (gut 78 Prozent), Weihnachten habe seine eigentliche religiöse Bedeutung verloren und sei nur noch Geschäfte- und Geldmacherei. Echt jetzt?
Da wären wir nie darauf gekommen. Die Frage ist nur: wurde die Henne befragt oder das Ei? Ich vermute jedoch, die Befragung erfolgte mangels Beteiligung nicht in den Kirchen der Republik, sondern in den Fußgängerzonen, den „Christmas Battlefields“.
Halten wir fest: Weihnachten hat ein Markenproblem. Schon lange verzeichnen die Macher von einstigen Marktschlagern wie „Ostern“ oder „Pfingsten“ eine schleichende Abkehr von ihrem ursprünglich wichtigsten Live-Event.
Inkompetenter Vertrieb
Die Marktstellung erodiert schon in den 1930er Jahren, als die Company sich das einst geschützte Testimonial „St. Nikolaus“ aus den Händen nehmen lässt, um es von einem Brausehersteller durch einen dicken Mann im Bademantel ersetzen zu lassen. Das Problem der Verwässerung der Marke wurde später vollends offenkundig, als diesem Markenbotschafter noch ein Rentier zweifelhafter Herkunft zur Seite gestellt wurde, das offensichtlich ein Alkoholproblem hat.
Auch scheint die Wahl der Key Accounts in der Vertriebsmannschaft ein Managementproblem der Company zu offenbaren: In der Unternehmensspitze kann man sich offenkundig nicht auf einen Repräsentanten der Marke einigen. So entscheidet man sich für eine regionale Aufteilung zwischen Weihnachtsmann und Christkind mit jeweils weitreichendem Gebietsschutz. Im Hinblick auf Produktinnovationen eine verheerende Entscheidung: zu sehr verlässt sich das Unternehmen auf dessen 2000jährige Tradition.
Mangelndes Persona-Konzept
Die Loyalität der Kunden ist längst nicht so groß wie gedacht. Fundierte Persona-Erarbeitungen der sich wandelnden Zielgruppe blieben bisher aus, ein gezieltes Messaging wurde nicht erarbeitet. Und so traten weitere Marktbegleiter in den Stammmarkt ein. Der Botschaft vom „Fest der Liebe“ setzten diese kommerziell orientierten Anbieter ihr „Hauptsache, Ihr habt Spaß“ entgegen, das die Themen der jungen Zielgruppe offenkundig besser aufgreift und in einer einfachen, aber eben auch hoch relevanten Botschaft umsetzt.
Es scheint, als habe die Marke längst ihren angestammten Kern verlassen. Arbeitet man früher noch klar im Kontext der Werte „Glaube“, „Liebe“, „Hoffnung“, verlässt die Marke zunehmend ihre Heritage. Selbst angestammte Outlets (ursprünglich gelauncht unter dem Namen „Weihnachtsmärkte“) werden umpositioniert und firmieren heute als „Wintermärkte“. Eine klare Positionierung ist das nicht. Auch die Kanalstrategie scheint zweifelhaft: wer in der digitalen Welt immer noch auf Kamine als Zugangskanal für seine Zielgruppen setzt, scheint den Herausforderungen nicht gewachsen zu sein. Die digitale Transformation endet nicht mit der Einführung strombetriebener Lichterketten.
Es wird Zeit, die Marke „Weihnachten“ einem umfassenden Relaunch zu unterziehen, um sie Dominostein für Dominostein wieder zu alter Stärke zu bringen.