Mal ehrlich – es gibt doch nicht wirklich noch Leute im Internationalen Marketing, die nicht längst wüssten, dass eine wirklich globale Marke bei aller globalen Konstanz immer auch den lokalen Stallgeruch braucht? Eben.
Die knifflige Frage kommt aber direkt danach. Wie genau stellt man denn nun sicher, was die richtige Mischung zwischen global und lokal ausmacht? Speziell in unserem komplexen B2B- Kontext ist das nicht einfach so pauschal zu sagen. Und es hat langfristige Konsequenzen. Denn wenn es schief geht, hat man eine makellos gemachte globale Marke, die aber nur im Headquarter lebensfähig ist. Oder das andere Extrem: eine sehr bunte Vielfalt aus freien Interpretationen, die in ihren spezifischen Geografien durchaus gut funktionieren, aber wenig glaubwürdig für den sind, der über eine Ländergrenze hinweg das große Ganze zu erfassen versucht. Was in unserer digitalisierten Kommunikationswelt nicht so unwahrscheinlich ist.
Also – was hilft denn nun, um für Ihre Marke die richtige Balance zu finden?
Faktor Nummer 1: Mindset + Kultur
Der erste Schritt: Beurteilen Sie das Mindset Ihrer Zielgruppen.
- Sind sie grundsätzlich international unterwegs und an regionale/globale Blickweisen gewöhnt (wie Finance oder IT) oder haben sie eher den fokussierten Blick auf ihre eigenen Gegebenheiten (wie im Agrarbereich)?
- Gibt es große, überregionale Events, die Trends setzen und die Branchenkommunikation insgesamt beeinflussen? Oder passiert alles überwiegend regional/lokal?
- Gehen sie geläufig mit Englisch um und haben niedrige Schwellen zu den internationalen Diskussionen oder ist in Ihrer Branche die Landessprache ein absolutes Must-have?
Dann gibt’s da noch die kulturellen Einflüsse:
- Ist es eine relativ eng gestrickte Region wie DACH oder müssen Sie ganz unterschiedliche Mentalitäten von Stockholm bis Singapur, von Bombay bis Boston im Blick haben?
Faktor Nummer 2: Rolle und Know-how Ihrer Mitarbeiter
Nicht zuletzt Ihre eigenen Mitarbeiter:
- Haben Sie vor Ort in erster Linie ein Vertriebs- und Tech-Support-Team, das zusätzlich noch Marketing-Kommunikation mit auf der To-do-Liste hat?
- Oder sind Ihre lokalen Vertreter Marketing- und Kommunikationsprofis, die diesen Themen Priorität einräumen und ein gutes Netzwerk an lokalen Umsetzungspartnern steuern können?
- Ist für alle Beteiligten geklärt, wie aus einer globalen Strategie lokale Umsetzungen werden, wer in diesem Prozess welche Rolle hat und wo die Verantwortungen liegen – zentral wie dezentral?
Mit einer gründlichen (und ehrlichen) Antwort auf diese Fragen lässt sich ein gutes Fundament für die eigentliche Umsetzungsarbeit legen. Wenn es dann um Konzeption und Roll-out von umfassenden Marken- und Kommunikationskonzepten geht, werden weitere Aspekte wichtig.
Faktor Nummer 3: Vom Start weg international
- Stellen Sie sicher, dass das Projektbriefing auf Insights und Anforderungen der wichtigen Regionen aufbaut. Und dann priorisieren und konsolidieren Sie dies aus der globalen Perspektive. Nur so haben Sie und Ihre Agentur eine klare Vorstellung davon, was „must haves“ und „might bes“ sind, sowohl in den Zielsetzungen als auch im Lieferumfang.
- Fördern Sie Buy-in, indem Sie geeignete Teilnehmer aus den wichtigsten Regionen bei der Entwicklung einbinden. Das kann z.B. in einem internationalen Input-Workshop sein oder durch qualitative Interviews. Das vermittelt allen lokalen Teams, dass „die Welt“ und nicht nur HQ vertreten sind, wenn es um zentrale Entscheidungen geht. Wenn Ihre Mitarbeiter vor Ort der Schlüssel für Wachstum und Erfolg sind, verdienen sie diesen Grad an Beachtung.
- Der Check auf kulturelle Verständlichkeit ist schon früh sehr wichtig. Fragen Sie doch mal Ihren deutschen Bekanntenkreis, warum ein Drink mit dem Namen „Silver Mist“ irgendwie unappetitlich klingt. Oder einen Amerikaner, wieso die Kampagne mit der schmissigen Line „Nothing sucks like an Electrolux“ im angelsächsischen Sprachraum zum Scheitern verurteilt war.
Wir führen über unsere Agenturpartner bei BBN the world’s B2B agency für jede Kreatividee mit internationalem Potenzial einen Cultural Check in den relevanten Märkten durch. Auch wenn das keine repräsentative Endkunden-Studie ist, macht es ziemlich schnell und einfach sichtbar, wo mögliche Konflikte liegen können. Also kommt nur das, was diese Phase heil übersteht, auf die Short list.
Faktor Nummer 4: Lokales Involvement
- Wenn die Strategie soweit steht: Involvieren Sie Ihre lokalen Entscheider. Geben Sie ihnen den ersten Blick auf den globalen Plan, überlassen Sie ihnen passende Teilentscheidungen (wie die zu „ihrem“ lokalen Keyvisual aus einer globalen Serie) und reduzieren Sie so das „not invented here“-Syndrom.
- Sorgen Sie dafür, dass auch die Umsetzungsagenturen vor Ort wissen, worum es geht: Kampagnenziele, Hintergrund, Prios für die lokalen Roll-outs. Das sichern Sie mit Onboarding-Präsentationen, Brand Portals, Campaign Playbooks, idealerweise kombiniert mit einem zentralen MarCom- oder Design-Helpdesk. So können die lokalen Partner ihre Expertise zum Budgeteinsatz und zum besten Twist für ihren Content auch wirklich einbringen. Sie haben ein funktionierendes Lead Agency Set-up, das Ihnen diesen Part der Aufgabe abnehmen kann? Umso besser, denn das entlastet Sie und Ihr Team in vielen alltäglichen Fragen.
- Sorgen Sie für einen echten Austausch zwischen den Marketingverantwortlichen in den einzelnen Märkten. Das kann regional gesteuert werden oder weltweit – Hauptsache, es gibt einen offenen Austausch. Ein Online-Portal für alle aktuellen Grundlagen mit einem Forum für Best Practice ist dabei essenziell und einfacher aufzusetzen und zu managen, als Sie vielleicht denken.
Ist es das wert?
Das klingt nach Aufwand, finden Sie? Vielleicht. Aber was ist die Alternative? Fehler im Set-up potenzieren sich leider bei der globalen Skalierung. Nur wenn Sie schon zu Beginn die Weichen richtigstellen, erhöhen Sie die Chancen Ihrer Kommunikation, nach innen und außen optimal zu wirken.
Denn was immer Sie vor Ort in Sachen Kommunikation tun, es wirkt sich nicht nur in diesem einzelnen Markt aus, sondern zahlt auch auf Ihre globale Marke ein – im Positiven wie im Negativen.