Neun Tipps für bessere User Experience!
Wussten Sie, dass nahezu 40 Prozent aller Kunden ein Restaurant nach einer schlechten Erfahrung für mehr als zwei Jahre meiden? Haben Sie dieses Verhalten auch bei sich schon einmal beobachtet, nachdem die Nudeln kalt waren oder man Ihre Bestellung vergessen hat? Seien Sie ehrlich.
Solches Kundenverhalten lässt sich auch im B2B-Bereich beobachten: Laut einer Studie von Dimensional Research aus dem Jahr 2013 stellten rund 66 Prozent aller B2B-Kunden ihre Einkäufe nach einer schlechten Service-Erfahrung ein, während 62 Prozent nach einer guten sogar mehr kauften als geplant.
Auf kleiner Flamme heruntergekocht, heißt das: Ob ein Haar in der Suppe oder ein vergessener Rückruf, die schlechte Erfahrung Ihrer Kunden kostet Sie Geld. Warum? Weil Sie es trotz aller geschäftsmäßigen Rationalität mit Menschen wie sich und mir zu tun haben. Und genau deswegen sollten Sie heute – in Zeiten, in denen das Internet den ersten und wichtigsten Berührungspunkt zu Ihrer Marke darstellt – darauf achten, dass die digitale User Experience nicht zum Haar in Ihrer Suppe wird.
UX FTW!
User Experience for the win! So lautet die obige Headline ausgeschrieben. Geben Sie zu, beim Lesen stand ein WTF?! in großen Lettern vor ihrem inneren Auge. Schlechte User Experience halt: Sie können die Headline nicht lesen und denken sich nur WHAT THE FUCK?! Und so ergeht es zahllosen Nutzern auf zahllosen Internetseiten jeden Tag. Auf Seiten, die sich wenig um eine gute UX für ihre Nutzer kümmern. Im Rahmen unserer Initiative, die generelle WHATTHEFUCKNESS des Internets ein wenig zu senken, hier also 9 grundlegende UX-Tipps für Ihren digitalen Auftritt. Schauen Sie mal, wie viele davon Sie bereits beachten.
1. Seien Sie weniger selbstbezogen
Beginnen wir gleich mit der allerwichtigsten Regel: Denken Sie zuerst an Ihre Nutzer! Viele Unternehmen begehen den klassischen Fehler, sich in einer Blase einzukapseln, lange ihr Süppchen von einer schönen Website zu kochen, nur um hinterher festzustellen, dass es niemandem schmeckt. Warum? Weil häufig mehr Zeit damit zugebracht wird, darüber nachzudenken, wie sich das Unternehmen von innen nach außen darstellen möchte, als darüber, was die Kunden des Unternehmens brauchen und möchten.
So entsteht eine unternehmenszentrische UX; was Sie allerdings brauchen, ist eine kundenzentrische UX. Lösen Sie zuerst die Probleme Ihrer Kunden, dann Ihre eigenen. Die Chancen stehen gut, dass sich Ihre sogar von selbst lösen, wenn Sie Ihren Kunden das geben, was sie verlangen.
2. Nehmen Sie sich Zeit für eine Features-Putz
Ihre Website ist wie ein Schweizer Armeetaschenmesser? Sie Informiert, verkauft und hat einen praktischen Korkenzieher für die Flasche Wein am Feierabend? Eine Nagelschere vielleicht? Stellen Sie die User Experience über die Features! (Allein für das Bild der Website als Schweizer Taschenmesser gehören Ohrfeigen verteilt!)
Überprüfen Sie Ihren Auftritt zuerst auf Funktionen, die niemand nutzt. Werden sie nicht gebraucht oder sind sie unbrauchbar ausgeführt? Reduzieren Sie, wo es Sinn macht und stecken Sie Ihr Geld lieber in wirklich Wesentliches.
Machen Sie es Apple nach. Im Vergleich zum Konkurrenten von Samsung bietet das iPhone lediglich die Hälfte der verfügbaren Features, diese sind aber allesamt bis zum Optimum hin geschliffen. Die Verkaufszahlen sprechen für sich.
3. Machen Sie sich locker, bezüglich Ihres CDs
Sie benötigen ein funktionierendes Corporate Design für alle Endgeräte. Das bedeutet in der Regel mehr Farben und mehr Fonts. Denn was in Ihren Anzeigen und Broschüren funktioniert, ist meistens nicht praktikabel für die Bildschirme von Computern, Tablets und Smartphones.
Machen Sie also Ausnahmen: Erlauben Sie mindestens zwei Auszeichnungsfarben für das Internet, um eine funktionierende Blickführung zu erlauben und Inhalte zu priorisieren. Wählen Sie Schriftarten aus, die nachweisbar das Lesen auf Bildschirmen erleichtern (hierzu gibt es Studien und Belegzahlen), auch wenn diese in Ihrem Print-CD nicht auftauchen. Allein die richtige Schriftgröße auf der Website kann nachweislich dabei helfen, Ihren Absatz zu steigern.
4. Überfallen Sie die Leute nicht
Seit dem Anbeginn des Nutzer-Trackings hat sich eine Wahrheit bis heute als unumstößlich erwiesen: Ihre Kunden sind nicht die geduldigsten. Überfordern Sie sie nicht mit zu vielen Inhalten, Möglichkeiten und Entscheidungen, sonst springen sie ab.
Fragen Sie sich beispielsweise: Brauchen Ihre Kunden sämtliche Inhalte Ihrer Seite auch mobil? Benötigen Sie all diese Angaben in den Kontaktformularen? Lohnt es sich auf Produktseite W auch noch die Produkte X, Y und Z abzubilden?
Nehmen Sie dem Nutzer, wo möglich, Entscheidungen ab, erleichtern sie oder unterteilen sie in mehrere, verdauliche Schritte. Am besten sogar: Sie lernen den Nutzer und seine Angewohnheiten kennen und kommen diesen entgegen. Und was eine adäquate Informationstiefe betrifft: Don’t bring a tank to a fist-fight.
5. Werden Sie zum Märchenonkel
„Die Nutzer klicken nicht gern.“ Hätten wir jedes Mal einen Penny gekriegt, als wir diesen Satz in den letzten Jahren gehört haben, könnten wir eine Auszeit vom Pitchgeschäft nehmen. Die Wahrheit ist aber: Nutzer haben kein Problem mit Klicks – solange sie Sinn machen. Vermeiden Sie, dass sich Ihre Kunden nach dem Klick die Frage stellen: „Was? Wo bin ich plötzlich gelandet?“
Bemühen Sie sich daher um logische Klickpfade, die eine Geschichte erzählen: eine, die mit dem Problem des Nutzers beginnt und mit dessen Lösung endet. Weiß der Nutzer nämlich, was ihn nach seinem Klick erwartet, hat er kein Problem damit, ihn zu tun. Wird er auch noch durch sichtbaren Fortschritt belohnt, klickt er sogar gerne.
6. Nehmen Sie Augenkontakt auf
Kennen Sie Mega-Flyout-Menüs, die Ihnen plötzlich vierzig Unterpunkte anzeigen, wenn Sie sich mit der Maus über einen bestimmten Navigationspunkt bewegen? Sicherlich. Aber wann haben Sie das letzte Mal ein Flyout-Menü als solches erkannt, bevor Sie es mit dem Cursor angestupst haben? Wahrscheinlich gar nicht. Eye-Tracking-Messungen zeigen, dass Nutzer zuallererst die Augen über eine Seite schweifen lassen, die angebotenen Möglichkeiten untersuchen und erst dann die Hand mit der Maus darin bewegen. Ist das Gesuchte also versteckt, finden Sie es meistens erst nach längerer Suche.
Diese Messungen geben auch Aufschluss darüber, welche Punkte auf einer Website zuerst gesehen werden und wie Nutzer Texte an verschiedenen Bildschirmen lesen. So können wir das wirklich Wichtige dort platzieren, wo es auch wahrgenommen wird.
Kennzeichnen Sie Flyout-Menüs als solche, machen Sie interne und externe Links voneinander unterscheidbar, platzieren Sie die wichtigsten Inhalte in den ersten Textabsatz. Nutzen Sie Eye-Tracking-Erkenntnisse und machen Sie Nutzern ihre Möglichkeiten auf den ersten Blick klar.
7. Denken Sie wissenschaftlich
Biologie, Psychologie, Soziologie – es gibt zahlreiche Disziplinen, die sich tagein, tagaus mit den Gewohnheiten, Denk- und Verhaltensweisen Ihrer Kunden und Nutzer auseinandersetzen. Nutzen Sie Erkenntnisse aus diesen Disziplinen, wie Reziprozität, um grundlegenden menschlichen Verhaltensmustern entgegenzukommen und so unnötige Irritationen zu vermeiden.
Hier drei Beispiele:
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Viel eher noch als Namen, Farben oder Symbole können Menschen sich Standorte merken. Platzieren Sie wiederkehrende Elemente daher immer an der gleichen Stelle.
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Menschen können sich am besten drei bis fünf, maximal sieben Dinge gleichzeitig merken. Denken Sie daran, wenn Sie eine Navigation für Ihre Seite planen.
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In einer Kette von Begriffen bleiben der erste und der letzte immer am besten im Gedächtnis. Welche Punkte sind Ihnen in einer solchen also am wichtigsten?
8. Seien Sie keine Flachpfeife
Seit einigen Jahren ist Flat-Design jedermanns heißes Eisen im Feuer. Microsoft hat es mit Windows Phone vorgemacht, Apple ist mit iOS 7 – und nun auch OS X – nachgezogen. Der im Design vorherrschende, durchaus problematische Skeumorphismus wurde durch eine schlichte effiziente visuelle Sprache abgelöst. Keine Schatten, keine Tiefe, keine Analogien mehr an die wirkliche Welt.
Dass Flat-Design zahlreiche Probleme mit sich bringt, wird allerdings gerne übersehen. Erst Google zeigt mit dem Material-Design, wie es richtig geht: Die Designer in Mountain View haben nämlich richtig erkannt, dass der Mensch sich dazu entwickelt hat, Dinge im Raum und nicht auf Flächen wahrzunehmen, und das Flat-Design um Schatten und Tiefe bereichert.
Auch wenn es nach Rückschritt klingt: Auf Ihrer Website sollten Buttons als Buttons erkennbar sein. Ein dezenter Schatten, ein leichtes Gefühl von Tiefe hilft Nutzern, Interaktionselemente sofort als solche zu identifizieren und spart Frust.
9. Freuen Sie sich nicht zu früh
Nun ist es an mir, Ihnen zu sagen „Ihre Website wird niemals fertig werden!“ und diabolisch lachend in einer Rauchwolke zu verschwinden.
Wenn Ihr neuer Auftritt nämlich online geht, beginnt erst die richtige Arbeit. Eine Website ist heutzutage nämlich kein unumstößlicher Monolith mehr, sondern amorph und formbar. Das heißt, sie haben ständig die Chance zu optimieren, Trends aufzufangen und Ihren Kunden über längere Zeiträume hinweg eine gute User Experience zu bieten. Nutzen Sie diese Chance!