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Brand Design: Marke und Design

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Noch vor wenigen Jahren verband man mit dem Wort „Branding“ die Vorstellung, dass Marke im Wesentlichen aus einem Logo und einer hohen Konsistenz im Corporate Design der Kommunikation besteht. Wenn nur alles gleich aussähe, würde es optimal auf die Marke einzahlen. Dass Marken-Selbstähnlichkeit dies leisten könne, war damals auch richtig. Aber reicht das heute aus, um Marken in der digitalisierten Welt hinreichend zu differenzieren?

Corporate Design braucht neue Dimensionen

Natürlich sollte auch heute eine Marke in den unterschiedlichen Kanälen und Medien wiedererkannt werden — sonst könnte sie ihren Auftrag der klaren Identifikation und Differenzierung gar nicht erfüllen. Im digitalen Raum ist das heute jedoch weitaus schwieriger geworden. Denn die unterschiedlichen Plattformen lassen oftmals gar nicht mehr zu, was das herkömmliche Corporate Design als unumstößliche Regeln definiert. Twitter, Facebook, Instagram: da ist ganz schnell Ende der Fahnenstange, wenn man versucht, Postings im eigenen Erscheinungsbild zu veröffentlichen. Das einzige, was Sie rein optisch auf Facebook immer wiedererkennen, ist das CD von Facebook.

Trennen wir uns vom Gedanken, ein Corporate Design, dessen Regeln aus dem klassischen Printbereich stammen, könne für eine Marke in der digitalisierten Welt ausreichend sein. Viele dieser in Stein gemeißelten visuellen Vorgaben helfen nicht mehr, wenn es um Sounddesign, Intros und Outros von Videos, den Auftritt in sozialen Medien oder um Animationen geht. Nehmen Sie mal Bildauffassungen, die im Print stilprägend sein können: wenn Sie heute in sozialen Medien vom Auftritt Ihrer Marke auf einer Messe berichten wollen, zählen Aktualität und Schnelligkeit. Da kann nicht erst der Art Director stundenlang mit Photoshop hantieren, damit Ihr Bild den Richtlinien entspricht.

Die neuen Anker einer Marke

Die aus dem Printbereich stammenden CD-Vorgaben müssen heute massiv erweitert werden, um die Spielarten einer Marke hinreichend abbilden zu können. Marke und alles was sie prägt, ist im digitalen Raum vielgestaltiger und veränderlicher. Marke ist zu einem flüssigen und wandelbaren Wesen geworden.

Was ein modernes Corporate Design braucht, ist zunächst ein stark erweitertes Bewusstsein von Marke und deren stilprägenden Elementen. Wir wollen hier nur einige Felder näher beleuchten, ohne akademisch exakt oder vollständig sein zu wollen. In folgenden Bereichen sehen wir essenzielle Möglichkeiten einer Marke, sich heute zu differenzieren:

Themen

Zum einen differenziert eine Marke heute durch all jenes, was sie zu sagen hat. Worüber spricht die Marke? Welche Themen belegt sie, weil sie auch etwas Relevantes beitragen kann? Der thematische Kontext einer Marke ist zum essenziellen, prägenden Element geworden. Themen sind es, anhand derer B2B-Marken heute geführt werden. Und sie grenzen Marken trennscharf voneinander ab. Denn nicht jede Marke kann zu allen Marktthemen gleichermaßen ihren Beitrag leisten. Sollte sie auch nicht, da dies einer klaren Positionierung entgegenstünde.

Es gab Zeiten, da war beispielsweise jedem Konsumenten klar, welche Automarke für das Thema Sicherheit stand. Weil Volvo sich in allem, was die Marke zu sagen hatte, über dieses Thema näherte. Volvo war Sicherheit und Sicherheit war Volvo. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, da die Schweden meinten, über Design sprechen zu müssen. Oder nehmen wir Coca Cola: eine Marke, die seit Jahrzehnten über Freude spricht und damit ein unverwechselbares Feld für sich reklamiert.

Design

Ein zweiter wichtiger Baustein ist das Design von Produkten bzw. von Nutzerführungen und Softwareoberflächen. Klar: diese Erwartungshaltung stammt natürlich aus dem B2C-Bereich. Aber so ist das eben: wer privat ein Premium-Smartphone bedient, erwartet auch eine gewisse Annehmlichkeit in der Bedienung eines Maschinen-Displays. Und so müssen sich selbst klar im B2B verhaftete Maschinenhersteller heute auch intensiv mit Produktdesignern, Softwareentwicklern und Frontend-Spezialisten auseinandersetzen.

Auch die Gestaltung von Maschinen mittels Formgebung, Materialauswahl und Designelementen wird im B2B-Bereich immer wichtiger. Pressen, Honmaschinen, Spritzgussanlagen — selbst komplexeste Fertigungsanlagen müssen heute eine unverwechselbare Formgebung aufweisen, die prägend für die Marke ist. Denn wenn die Abnehmer Führungen ihrer Kunden im Fertigungsbereich vornehmen, dann sieht eine gut gestaltete Maschine allemal besser aus als eine nach rein funktionalen Aspekten gebaute Anlage. So sorgt die schicke Anlage des Premium-Anbieters zusätzlich für die positive Aufladung der Marke ihres Abnehmers.

Erlebnis

Ein anderer Faktor der klaren Wiedererkennbarkeit ist durch die Digitalisierung erst möglich geworden: das “Markenerlebnis”. Hier sollen Emotionen ein immer wieder ähnliches Erleben der Marke ermöglichen. Corporate Design durch Endorphine, wenn Sie so wollen. Und das bleibt gar nicht bei der Kommunikation stehen — auch die Bedienung eines Produktes oder das Nutzen von Leistungen soll sich möglichst gleich und positiv anfühlen. Ihre Webseite ist verschachtelt und macht es den Nutzern schwer, sich zurecht zu finden? Natürlich wird auch diese negative User Experience auf Ihre Marke einwirken….

Von Apple erwarten wir heute im Bereich der Geräte wie bei der Software eine User Experience, die durch intuitive Bedienbarkeit, Einfachheit und Klarheit geprägt ist. Und hier sieht man, dass sich das “Corporate Design” durch die Hintertür doch wieder einschleicht. Aber eben nicht als Vorgabe eines Styleguides, sondern als Haltung und Definition einer Marke, die auf direktes Erleben setzt und nicht allein auf kommunikative Äußerlichkeiten.

Markenführung: Management des unmittelbaren Erlebens

Je besser eine Marke es schafft, in den genannten Feldern ein klares Profil zu gewinnen und differenzierend zu sein, desto mehr kann sie sich von reinen Äußerlichkeiten abkoppeln. Selbst beim Logo, dem einstmals Heiligen Gral der Marke. Nike hat schon vor Jahren damit begonnen, auf seine Wortmarke zugunsten des Swoosh zu verzichten. Selbst Unternehmen wie Merck geben heute ganz bewusst viele Anker ihrer Marke auf (wie beispielsweise eine feste Logofarbe), weil sie gar nicht mehr aufgrund dieser speziellen Typik erkannt werden wollen und müssen. Starke Marken gewinnen damit viele Freiheiten.

Zudem rückt die Markenbildung immer stärker an den Konsumententen, Kunden oder Benutzer heran. Klassische Kommunikation spielt dabei oft keine zentrale Rolle mehr. Geschuldet ist das auch dem Umstand, dass Werbung zunehmend ihre Glaubwürdigkeit verliert und die Kunden immer mehr unabhängigen Quellen wie Bekannten und Kollegen oder Branchenkennern bzw. Influencern vertrauen. Also haben wir einen doppelten Filter: die Marke muss die Kraft haben, einen Nutzer zu überzeugen, ihn zu einem Fan und Empfehler zu machen und dabei möglichst noch ihre tragenden Elemente über dieses “Empfehlermedium” hinüber zu retten. Keine leichte Aufgabe.

Komplexität? Ja. Kompliziert? Nein.

Damit wird klar, dass die Definition einer Marke heute weit komplexer und weitreichender ist als in vergangenen Jahrzehnten. Marke ist, was beim Kunden ankommt und sich als Mix aus Information, Gefühl und unmittelbarem Erleben manifestiert. Markenführung wird zur Aufgabe, im Kontakt der Marke mit dem Menschen ein Erlebnis zu schaffen, das positiv auf die Marke einzahlt. Die Kontaktpunkte dabei sind vielfältiger und komplexer geworden. Allerdings sind auch die Möglichkeiten gewachsen, die Marke zu inszenieren und deren Performance zu messen. Und am Ende ist alles ganz einfach: wo Veränderung zum Daseinsprinzip wird, da müssen die Grundpfeiler umso klarer und unverrückbarer sein. Denn nur eine klar definierte Marke schafft über ihre Stärke eine hohe Wertschöpfung.


 

Dieser Beitrag ist initial am 16. Januar 2018 auf Medium erschienen.

Gunnar Schnarchendorff ist Geschäftsleiter von Equity Brand. Mit seinem Team entwickelt er Markenstrategien zur Erhöhung des Markenwertes auf Corporate-, Employer- und Produkt-Ebene. Equity Brand eine Kompetenzmarke von wob AG.

 

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