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Frequenz-Illusion: Übers Schneeschippen, Contentstrategien und Suchmaschinen

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In letzter Zeit muss ich immer öfter ans Schneeschaufeln denken. So nennt der Protagonist in Haruki Murakamis Roman „Tanz mit dem Schafsmann“ seine Schreibtätigkeit. Er produziert Masse. Mühelos und in hoher Qualität. Etwas, worum ich ihn an manchen Tagen durchaus beneiden könnte. Ich drehe dieses Bild hier aber einmal um und spreche im Folgenden davon, Schnee anzuhäufen.

Vor allem in Zeiten, in denen das Thema Content wie die Sau durch jedes Dorf getrieben wird und die Attention Economy das große Schlachtfeld für Marketer darstellt, habe ich regelmäßig einen Schneeberg vor Augen. Denn, was viele nicht sehen – ob Kunden, Kreative oder Konsumenten: Der schönste,  unterhaltsamste und Award-trächtigste Content schafft es nur an die Spitze, wenn er von einem hohen Schneeberg oben gehalten wird. Das ist IRL (In Real Life) der Fall, aber auch im digitalen Raum – dort, wo Glaubwürdigkeit täglich gemessen werden kann.

„Die Inuit haben mehr als fünfzig Worte für Content“

Wir häufen Schnee. Tatsächlich hat uns die Arbeit mit der Schaufel einen ziemlich harten Bizeps beschert. Gemeinsam mit der SEO-Abteilung eines der größten europäischen Internet- und Mobilfunkanbieter produzieren wir Content für das Netz. Dabei haben wir in den letzten beiden Jahren mit der Anzahl der von uns konzipierten, recherchierten und geschriebenen Landingpages am dreistelligen Bereich gekratzt. Wir haben unter anderem die Einführung zweier iPhones und Samsung Galaxys begleitet, SEO-Kampagnen fürs Fernsehen über das Internet ausgestaltet oder auch mehr als 50 deutschen Städten die Möglichkeiten des Glasfaser-Internets aufgezeigt.

Die Ergebnisse landeten dabei zumeist irgendwo zwischen Kunst und Krempel. Anders gesagt: Die Highlights lagen stets gebettet auf feinem Pulverschnee. Der klare Auftrag: das Google-Ranking „boosten“ – mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass das meiste von dem, was wir schreiben, nie gelesen werden wird.

„Ein Flirt mit Google ist Knochenarbeit“

Doch egal, ob es um das Verkaufen von Gigabit-Tarifen an Unternehmen, Einrichtungsanleitungen für den heimischen WLAN-Router oder um die aktuelle Staffel von „House of Cards“ ging: Unsere Bemühungen waren nie „Wegwerf-Content“ – nie kalorienarm. Denn einen Leser hatten wir immer: Google. Und wenn es um Texte geht, ist die Suchmaschine aus Kalifornien ein launisches Rendezvous. Sie rümpft die Nase, wenn man zu viel von sich erzählt, wenn man wichtige Details auslässt oder die Pointe einer Story versaut. Wenn man sich zu flapsig ausdrückt, hält sie einen gleich für den örtlichen Bauerntrampel.

Google zwingt uns zur Mühe: Werbliche Texte müssen einen redaktionellen Anteil besitzen; sie müssen genügend Überschneidung mit konkurrierenden Inhalten zeigen, um zu beweisen, dass wir nicht das Blaue vom Himmel lügen. Gleichzeitig müssen sie eigen genug sein, damit wir nicht aussehen, als würden wir uns mit fremden Federn schmücken. Sie müssen leserfreundlich strukturiert und klar formuliert sein – die Sprache der Zielgruppe sprechen. Und das Wichtigste: Sie müssen ein Thema im besten Fall bis auf den Grund durchleuchten.

„Lexikonverkäufer schrieben einst Lexika über das Lexikonverkaufen“

Um ein aktuelles Smartphone zu verkaufen, schreibt man beispielsweise über die Geschichte des Herstellers, die Geschichte der Modellreihe, die Hardware, die Software, die Kamera, Nutzungen im Alltag, Nutzungen im Urlaub, was eine IP68-Zertifizierung bedeutet, wie man das Gerät am besten mit dem Auto verbindet, wie die Keynote ablief, auf der es vorgestellt wurde, welches exotische Tier die Designer zur neuen Farbvariante inspirierte, was Nutzern zufolge die größten Nachteile sind und wie man sie erfolgreich umschifft, was der Nachfolger bereithalten könnte und ob die Durchschnittskäufer eher der Typ Hundehalter oder Katzenfreund sind.

Hat man das erledigt, finden Interessenten eine bei Google gut platzierte Shop-Seite, lesen fünf Bulletpoints über die Top-Features, wählen „Korallenblau“ aus dem Drop-Down-Menü und klicken anschließend auf den „Jetzt bestellen“-Button. Diese Seite liegt nämlich ganz oben auf der Spitze eines hohen Schneebergs zum Thema Smartphone X, in dem kein Flöckchen gleich ist.

„Für eine Hand voll Ranking“

Blutet uns Schneeschippern da nicht das Herz? Jein. Die Vorstellung, dass die meisten Leute nur die Spitze des Berges sehen, ist sicherlich nicht die  befriedigendste. Erhalten wir aber ein gutes Ranking, können wir davon ausgehen, dass:

A. wir unseren Job gut gemacht haben – unsere Glaubwürdigkeit und Content-Qualität wurde faktisch für hoch befunden.
B. die Menschen, die unseren Content schließlich doch lesen, Wissen erhalten, das sie zuvor nicht hatten, ihnen geholfen wird, sie sich in der Geschichte wiedererkennen oder an der einen oder anderen Stelle sogar ein Wow-Gefühl verspüren.

Schließlich ist das unser Ziel: Wenn der Leser fünf Fragen hat, müssen wir ihm acht davon beantworten. Wir müssen seinen User-Intent erfüllen – die Absicht, die er hatte, als er über die Suchmaschine auf unsere Seite kam – und seine Erwartung übertreffen. Nur dann sendet seine Auseinandersetzung mit unserem Inhalt auch die richtigen Signale an Google zurück: Guter Content, weiter so!

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